PCR vs. Schnelltest – komplementäre oder konkurrierende Methoden?
Exklusives Interview mit Dr. Patrick Mester, Gruppenleiter im Christian-Doppler-Labor zur Überwachung mikrobiologischer Kontaminanten
Franzisca Gartenmann, Marketing Manager bei NEMIS Technologies:
Hallo Patrick, schön, mit dir zu sprechen! Im Rahmen deiner Arbeit im Christian-Doppler-Labor hast du dich intensiv mit der PCR-Methode beschäftigt. Kannst du mir mehr über dein letztes
Projekt erzählen?
Im Rahmen meiner Arbeit am Christian-Doppler-Institut haben wir ein Projekt für ein grosses österreichisches Unternehmen durchgeführt, bei dem wir die komplette Diagnostik von der bestehenden Immunoassay-Lösung auf ein neues PCR-System umgestellt haben. Das sparte wertvolle Zeit und reduzierte 60 % der Anfangskosten, die sich auf etwa eine Million Euro beliefen. Diese Umstellung erforderte eine hochintensive Schulung und eine umfangreiche Supportphase. In der Zwischenzeit wurden mehr als 100.000 Proben analysiert, und es wurde viel Fachwissen über das neue System erworben. Die PCR-Methode ist sehr empfindlich, aber auch sehr teuer, was bis jetzt immer ein grosser Nachteil war. In diesem Projekt haben wir die Unternehmensdaten der letzten Jahre genau analysiert, und es hat sich schnell gezeigt, dass ein großer Teil der Proben negativ war. Du musst dir vorstellen, dass sie pro Jahr etwa 20.000-30.000 Proben untersuchen. Von diesen Proben sind 95 bis 99 % frei von pathogenen Listerien.
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Deshalb haben wir ein System entwickelt, bei dem zehn Proben zusammengefasst, d. h. gepoolt werden, so dass die meisten Proben nach einem Tag ausgeschlossen werden können. Wenn man jedoch ein positives Ergebnis hat, verliert man im Vergleich zum ursprünglichen Konzept etwas Zeit. In diesem Fall müssen die zehn gepoolten Probenstellen erneut einzeln untersucht werden, um herauszufinden, wo die Kontamination liegt. Positive Proben werden an ein externes Labor geschickt, um das Isolat zu gewinnen. Es ist entscheidend zu verstehen, ob derselbe Hauskeim seit Jahren immer wieder auftritt und noch nicht aus der Produktionsumgebung entfernt werden konnte oder ob ein neuer Stamm eingeschleppt wurde. Aber wenn 99 % der Proben negativ sind, kann man viel Zeit und Geld sparen. Mit dem alten System dauerte es mindestens zwei Tage, bis ein negatives Ergebnis vorlag. Mit dem neuen System sind wir jetzt bei einem Tag. Durch das Pooling haben wir die Kosten enorm gesenkt, auch bei den Folgeuntersuchungen, die an sich teurer sind. Die PCR wird wegen der damit verbundenen Kosten immer noch stark kritisiert, weil die einzelnen Reaktionen immer noch teuer sind. Ein einzelner Test kostet in der Regel 8-10 Euro, darin sind nur die Materialkosten enthalten, nicht aber die Laborkosten. Beim Pooling sinkt dieser Wert jedoch, weil man zehn Probenstellen gleichzeitig testet.
Patrick, du hast nicht nur Erfahrung mit der PCR-Methode, sondern hast auch einige Tests mit unseren AquaSparkTM -Molekülen durchgeführt. Welche Experimente habt ihr durchgeführt?
Wir haben viel Erfahrung in der Lebensmittelindustrie und erforschen Methoden, die es uns ermöglichen, Bakterien aus Lebensmitteln schnell zu konzentrieren, d.h. zu isolieren. Ziel ist es, Bakterien aus einem Milchprodukt wie z. B. Milch zu konzentrieren und dadurch das benötigte Gesamtanreicherungsvolumen zu reduzieren. Wir haben Experimente mit AquaSparkTM durchgeführt und waren erfreut, dass wir mit dieser Methode eine sehr niedrige Nachweisgrenze für einzelne KBE feststellen konnten. Dies motiviert uns, diesen Ansatz weiter zu analysieren. Wir planen, die Ergebnisse zu veröffentlichen, sobald die Studie abgeschlossen ist.
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Du hast sowohl mit der PCR als auch mit neueren Methoden Erfahrung. Glaubst du, dass sich PCR und alternative Methoden wie unsere N-LightTM-Tests ergänzen oder konkurrieren sie?
Sie können sowohl komplementär als auch konkurrierend sein. PCR funktioniert nur, wenn ein Unternehmen ein eigenes Labor hat, d. h. die Methode lohnt sich nur ab einer bestimmten Unternehmensgrösse. Dies trifft nur auf einen Bruchteil der Unternehmen zu. Kleine oder gar mittlere Unternehmen können sie sich nicht leisten. In solchen Fällen gibt es keine Wettbewerbssituation. Hier liegt meines Erachtens der wesentliche Vorteil Ihrer Methode, denn die Tests können vor Ort ohne vorhandene Laborinfrastruktur durchgeführt werden. Auch wenn jetzt mehrere Start-ups versuchen, die PCR für den schnellen Vor-Ort-Nachweis zu optimieren, bin ich skeptisch. Natürlich ist es schwer zu sagen. Für mich ist Ihr Test optimal für kleine und mittlere Unternehmen, die sonst nicht in der Lage wären, eine umfangreiche Umweltüberwachung durchzuführen. Da gibt es ein grosses Potenzial. Aber auch für größere Unternehmen schafft er einen Mehrwert, weil sich PCR und N-LightTM gut kombinieren lassen. Die PCR sagt Ihnen, ob Bakterien vorhanden sind oder nicht. Ihr Test sagt Ihnen, ob lebende Bakterien vorhanden sind oder nicht. Der komplementäre Ansatz wäre auch bei Folgetests besonders nützlich, da Sie mit dem N-LightTM-System eine PCR-generierte positive Probe relativ schnell und flexibel erneut beproben können, um den Hotspot sofort zu identifizieren. So könnten Zeit und Kosten noch weiter reduziert werden.
Dr. Patrick Mester ist derzeit Gruppenleiter am Christian-Doppler-Labor für die Überwachung mikrobieller Schadstoffe in Wien, Österreich. Ursprünglich aus Deutschland stammend, schloss Patrick Mester sein Studium der Mikrobiologie und Molekularbiologie an der Universität Bremen ab. Seit über zehn Jahren ist er an der Veterinärmedizinischen Universität Wien mit der Erforschung und Entwicklung von Diagnoseinstrumenten und -methoden für bakterielle Krankheitserreger beschäftigt. In seiner derzeitigen Position untersucht er die Rolle lebensfähiger, aber nicht kultivierbarer Bakterien bei persistierenden bakteriellen Kontaminationen und mögliche Kontroll- und Interventionsmassnahmen.